| Impressum| Datenschutzerklärung| Kontakt|

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V.

Zurück zu Archiv Zurück zu Archiv

Hygiene-Tipp, Februar 2019

Wundinfektionen, RLT-Anlagen und Disziplin

24.02.2019

Nachdem in letzter Zeit in einzelnen Veröffentlichungen behauptet wurde, dass bezüglich der Luftgüte Raumklasse Ia in OP-Sälen überhaupt nicht erforderlich ist, hat die DGKH hierzu eine Stellungnahme veröffentlicht. 

Nachfolgend die wesentlichen Folgerungen daraus:
In den Veröffentlichungen von Bischoff, Gastmeier, Allegranzi et al., die obiges aussagen, werden verschiedene Studien herangezogen, die aus methodischen Gründen nicht für eine Bewertung von TAV/LAF-Decken genutzt werden können. Teilweise sind die referierten Ergebnisse nicht glaubhaft (zu niedrige Infektionsraten), vor allem jedoch sind Klima-Anlagen im OP offensichtlich in den USA und Deutschland unterschiedlich, sodass beispielsweise Studien aus den USA nicht auf Deutschland übertragen werden können. In den deutschen Studien wiederum werden überwiegend Klima-Anlagen erfasst, die nicht die heute vorgeschriebene Deckengröße haben. Somit bleiben nur wenige Studien übrig, die teilweise eine Schutzwirkung von TAV-Decken belegen, in der Summe aber nicht für eine endgültige Bewertung ausreichend sind.

Unstrittig ist, dass TAV-Decken Pathogene und Partikel besser reduzieren als eine turbulente Mischströmung und dass sie ebenfalls kanzerogenen chirurgischen Rauch wirksamer abführen. Dies dient dem Mitarbeiter-Schutz und entspricht der in Deutschland geltenden Vorstellung vom Vorrang der Primärprävention (technische Schutzmaßnahmen) am Arbeitsplatz, soweit diese – wie hier – möglich ist.

Da TAV-Decken Pathogene und Partikel reduzieren, tragen sie zu einem geringeren Keimeintrag in den OP-Situs bei. Dies ist besonders bei langen Operationszeiten relevant.

Dementsprechend sind TAV-Decken sinnvoll in OP-Sälen.

Auch die DIN 1946-4 (2018) enthält weiterhin die Raumklasse Ia (TAV-Decke) und somit entsprechen TAV-Decken dem Stand der Technik, der in Deutschland beim Krankenhausbau anzuwenden ist. Daher sollte mindestens ein Teil der OP-Säle bei Neubauten mit TAV-Decken ausgerüstet werden.

Aufgrund zunehmender Gewebeentnahmen und den Anforderungen hierbei ist davon auszugehen, dass zukünftig zwingend TAV-Decken erforderlich sind und die Anforderungen an OP-Säle im Sinne von Reinräumen steigen werden.

Als Ursache von Wundinfektionen kommen in Frage:

Bei den während einer OP derzeit im OP-Saal oft freiliegenden Stellen des Kopfes geben die Ohren am meisten Bakterien ab. Dies bedeutet, dass unbedingt die Ohren auch während der OP durch eine Haube bedeckt sein müssen. Gleiches gilt für Bart und Haare. Sogenannte Astrohauben in Verbindung mit einem eng anliegenden Mund-Nasenschutz sind die einzige Lösung, um Haare, Bart und Ohren möglichst vollumfänglich zu bedecken. Allerdings muss dabei auch die Qualität der Hauben beachtet werden, da dünne Hauben unter Umständen Partikel durchtreten lassen. Es ist die Aufgabe der Chefärzte, Pflegedirektorien, Geschäftsführungen und OP-Leitungen, die korrekte Kleiderordnung im OP durchzusetzen. Dazu gehört zuerst, dass sie selbst diese Ordnung vorleben.

Zusammenfassend kann auf keinen Fall eine Empfehlung gegen TAV-Decken im OP gegeben werden. TAV-Decken mit Schutzbereichen von 3 x 3 m sind der turbulenten Belüftung überlegen – sie reduzieren Pathogene und Partikel effektiver, führen potentiell kanzerogenen Rauch wirksamer ab und schützen damit Patienten, Operateure und ausliegende Instrumente. Daher sollen, wie in der aktuellen DIN 1946-4 gefordert, TAV-Decken in OP-Abteilungen eingebaut werden, entsprechend dem Risiko der durchgeführten Operationen.

Die ausführliche Stellungnahme ist auf der Website der DGKH abrufbar.

 

Walter Popp, Klaus-Dieter Zastrow

Der Tipp gibt die Meinung der Autoren wieder.

Zurück zu Archiv Zurück zu Archiv